Post-Covid- und Long-Covid-Rehabilitation im Franziskus Spital

Post-Covid- und Long-CovidRehabilitation im Franziskus Spital

Die Epidemie als Chance für neue Behandlungsschwerpunkte

Seit über einem Jahr beschäftigt uns ein Virus im Übermaß, die Schlagzeilen sind nach wie vor von Neuinfektionen, Menschen auf Intensivstationen und Todesfällen dominiert. Daneben kristallisiert sich heraus, dass es mit dem Überstehen dieser manchmal lebensbedrohenden Krankheit oft noch lange nicht getan ist. Viele Patient*innen leiden unter den Nachwirkungen dieser Grenzerfahrung, körperlich genauso wie seelisch.

Titelbild: Die Pulmologie spielt gemeinsam mit anderen Fächern eine wesentliche Rolle bei der Diagnose und Behandlung.

 

KURZATMIGKEIT, große Müdigkeit, Konzentrationsschwäche, neurologische Beschwerden, Stoffwechselstörungen, körperlicher Abbau bis hin zu Depressionen sind einige der Symptome, die Menschen nach einer Infektion mit Covid zeigen, berichtet OÄ Dr.in Elfriede Katz-Papatheophilou, Leiterin der Station für Pulmologie des Franziskus Spitals. Zusätzlich zur Behandlung akuter Covid-Patient*innen auf der Intensivstation widmet sich das Franziskus Spital seit Oktober letzten Jahres deshalb verstärkt der Versorgung von Post- und Long-Covid-Patient*innen. Seit Oktober 2020 bis Ende März 2021 wurden bereits 148 Patient*innen auf ihrem Weg zur Genesung begleitet. Insgesamt stehen im Franziskus Spital bis zu 40 Betten für die Post- und Long-CovidBetreuung zur Verfügung.

Die Kooperation verschiedener Fachgebiete ist lohnend

Die besondere Expertise in Kardiologie, Pulmologie, Akutgeriatrie und Remobilisation sowie das Know-how, welches das Krankenhaus mit seiner langen Tradition der fächerübergreifenden Kooperation anbietet, ist für beide Patient*innengruppen gleichermaßen lohnend.

Ein Teil der Patient*innen wird direkt von den Intensivstationen anderer Spitäler übernommen, dies schafft dort Kapazitäten für neue Notfälle und entlastet die Einrichtungen des Wiener Gesundheitsverbundes. Viele der Pati ent*innen sind nach der Erkrankung nach wie vor auf zusätzlichen Sauerstoff angewiesen, erzählt Cornelia Reischl, Stationsleiterin der Pulmologie auf Restituta 3. Ziel ist, durch Verbesserung des Allgemeinzustandes und ein spezielles Atemtraining die Lungenfunktion zu normalisieren und so die Rückkehr nach Hause zu ermöglichen.

Nach langem Liegen und künstlicher Beatmung müssen oftmals Gehen und Stehen, Schlucken und Sprechen neu erlernt und trainiert werden. Physiound Ergotherapie arbeiten hier mit der Diätologie zusammen, um die Lebensqualität dieser Patient*innen rasch zu verbessern und sie wieder fit zu machen. Gehört Diabetes zu den Folgeerscheinungen einer Covid-Erkrankung, unterstützt das Team der Diätologie genauso wie bei Hoch-Energie-Ernährung in der Wiederaufbauphase der Muskulatur, berichtet Nina Schmidt, Diätologin im Franziskus Spital.

Maßgeschneidertes Therapie- und Rehabilitationsprogramm

Auf der anderen Seite kümmert man sich ganz besonders um jene Menschen, die auch ohne Aufenthalt auf der Intensivstation nach der Infektion mehr Zeit benötigen, um wieder auf die Beine zu kommen. Pulmologie, Kardiologie, Neurologie kooperieren eng, um den Zustand der Patient*innen festzustellen und mögliche Ursachen von Beschwerden wie z.B. Organschädigungen abzuklären. Daraus wird ein maßgeschneidertes Therapie- und Rehabilitationsprogramm entwickelt, welches Physio-, Ergotherapie, Logopädie, Ernährungsberatung und Psychologie miteinschließt. Damit möchten wir den Patient*innen die Rückkehr in einen selbstbestimmten Alltag oder den Beruf ermöglichen und bei Älteren den Wechsel in ein Pflegeheim abwenden.

Die durchlaufene, schwere Erkrankung stellt für viele Betroffene eine persönliche Zäsur dar: plötzlich aus dem gewohnten Leben herausgerissen zu werden und dann trotz Virusfreiheit nicht mehr einfach dorthin zurückkehren zu können, sondern oft mit neuen Beschwerden konfrontiert zu werden, ist für viele frustrierend und belastend. Die jüngeren Patient*innen – der Jüngste ist 34 – tun sich mit der Langwierigkeit der Krankheit schwer. Angst und Unsicherheit herrscht oft vor, so Cornelia Reischl. Die Angst, nochmals zu erkranken, die Panik davor, wieder keine Luft zu bekommen.

Für Susanne Schneck, Stationsleiterin der Kardiologie, ist die Motivation der Patient*innen eine zentrale Aufgabe in der Pflege: Die Menschen dazu anzuregen, trotz anhaltender Müdigkeit, Kraftlosigkeit und Sorgen weiterzumachen, ist gerade bei den Post-Covid-Patient*innen ein wichtiger Part.

 

Menschliche Zuwendung als Beitrag zur Genesung

Die Zeit auf der Intensivstation, verbunden mit Isolation, Todesnähe und Einsamkeit, hinterlässt auch auf der Seele Spuren. Dazu kommt oft das Gefühl, durch die Krankheit nicht mehr jene Person zu sein oder sein zu können, die man davor war. Viele stehen auch vor der Herausforderung, ihr Leben neu ordnen zu müssen, sich einen anderen Arbeitsplatz oder einen neuen Beruf suchen zu müssen, Hobbies nicht mehr nachgehen zu können. Menschliche Zuwendung und Verständnis, wie sie im Franziskus Spital geboten und gelebt werden, sind somit ein wichtiger Beitrag am Weg zur Genesung.

Hilfestellung, mit diesen Erfahrungen und neuen Realitäten umgehen zu lernen, gibt das Psychologie-Team des Franziskus Spitals. „Wenn wir es schaffen“, so Norbert Kempter, Leiter der Klinischen Psychologie und Psychotherapie, „den Blick in Richtung tatsächlicher Möglichkeiten zu richten, kann es uns gelingen, Neues hervorzubringen.“ Krisen, so ist er sich sicher, ermöglichen dem Menschen neue Perspektiven.

Auch die Gespräche mit der Seelsorge können ein Schritt zum „Heilwerden“ sein. Verletzlicher und hilfloser fühlen sich viele Menschen nach der Erfahrung mit der Covid-Infektion. Die Frage nach dem „Warum“ ließe manche nicht los, berichten Anna Köck und Christina Pospisil vom Seelsorge-Team. Was aber beide gleichermaßen aus den Gesprächen heraushören: Dankbarkeit. Dankbarkeit dafür, die Krankheit überstanden zu haben, und Dankbarkeit für die Chance, eine neue Sicht auf das Leben gewinnen zu können.

C. ROITHNER-KLAUS


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