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Strategien gegen chronischen Schmerz

Strategien gegen chronischen Schmerz

Die Abteilung für Anästhesie der Elisabethinen Graz legt einen großen Schwerpunkt auf Schmerzmedizin

Schmerzmedizin hat die Aufgabe, die Lebensqualität für Menschen mit chronischen Schmerzen zu verbessern. Die Ursache für diese Schmerzen ist bei chronischen Schmerzpatientinnen und -patienten vielschichtig und oft lässt sich die Intensität des Schmerzes nicht ursächlich erklären. Deshalb gibt es in der Therapie mehrere Ansätze, neben konservativen unter anderem auch operative Methoden, bei denen die Elisabethinen Graz Vorreiter sind.

„Akuter Schmerz hat eine Warnfunktion“, sagt OA Dr. Michael Kern, Facharzt für Anästhesie und Schmerztherapie im Krankenhaus der Elisabethinen Graz. „Bei unseren Patienten handelt es sich hingegen um Menschen mit chronischen Schmerzen. Der chronische Schmerz verändert seine Art, hat Auswirkung auf den ganzen Menschen und lässt sich nicht mit einfachen Schmerzmitteln behandeln.“ Rund 4 % der Bevölkerung leiden unter behandlungspflichtigem chronischem Schmerz. „Beispielsweise haben viele unserer Patientinnen Schmerzen im Stammskelett, die mit einer Alterung der Wirbelsäule zusammenhängen“, so Kern. In der Schmerzmedizin erstellen die Ärztinnen mit den Patientinnen ein mehrsäuliges Konzept, um den individuellen Schmerz zu lindern. Die Möglichkeiten reichen von konservativer Therapie mit Schmerztabletten über alternative Methoden hin zu mikroinvasiven und operativen Schmerzeingriffen. Mikroinvasive Eingriffe sind solche, bei denen die Haut wenig verletzt wird, beispielsweise bei der Injektion eines Schmerzmittels. Diese werden teilweise CT-gezielt direkt an der Wirbelsäule durchgeführt. Zu den operativen Eingriffen zählt unter anderem die Implantation von Pumpensystemen, die kontinuierlich Schmerzmittel abgeben, und von elektrischen Stimulationssystemen, die Impulse am Nervensystem setzen.

Internationale ECMT-Trainings in Graz

Vor 25 Jahren hat Prim. Dr. Josef Neuhold, Vorstand der Abteilung für Anästhesie, Intensiv- und Schmerztherapie, mit dem Aufbau der Schmerzmedizin im Krankenhaus der Elisabethinen Graz begonnen. „Schmerztherapie war damals in Österreich ein wenig etabliertes Feld. Prim. Neuhold hat die Menschen zuerst im Aufwachraum des OPs behandelt, dann hat er einen eigenen Raum bekommen und daraus wurde schließlich die Schmerzambulanz“, erzählt Kern. Mittlerweile ist das Krankenhaus seit fast 20 Jahren Vorreiter bei der operativen Schmerztherapie und ist fest in der steirischen Gesundheitsversorgung verankert. Mit Krankenhäusern aus der ganzen Steiermark gibt es Kooperationen, innerhalb derer Patientinnen nach Graz kommen, damit ihnen Pumpensysteme oder elektrische Stimulationssysteme eingesetzt werden. Neuhold und sein Team sind auch an der Entwicklung neuer Methoden in der invasiven Schmerztherapie beteiligt und geben ihre Expertise weiter, beispielsweise im Rahmen des jährlichen ECMT-Trainings in Graz für Schmerzmediziner aus ganz Europa. Neben der Schmerzmedizin übernimmt die Abteilung für Anästhesie natürlich auch die anästhesiologische Versorgung von über 5.000 operativen Eingriffen sowie die chirurgisch-anästhesiologische Intensivmedizin im Krankenhaus der Elisabethinen Graz. Um die bestmögliche Behandlung für jede einzelne Patientin zu erreichen, wird die Therapie multimodal gestaltet. „Wir arbeiten sehr eng mit der Sozial - arbeit und mit dem psychotherapeutischen Dienst zusammen, weil zum Beispiel Depressionen häufig an einer Schmerzchronifikation beteiligt sind“, sagt Kern. Einmal pro Monat wird im interdisziplinären Schmerzboard die weiterführende Therapie für ausgewählte Patientinnen festgelegt. Darin vertreten sind die Schmerztherapie, die Psycho - logie, die Physiotherapie und die So - zialarbeit im Haus. Expertise, die nicht im Haus vorhanden ist – beispielsweise die Neurologie – wird durch Netzwerke eingebracht. „Dadurch, dass unsere Patientinnen chronische Krank heiten haben, sehen wir sie immer wieder und sind dafür mitverantwortlich, dass sie Linderung für ihre phy sischen und psychischen Probleme er halten“, so Kern.

Neue Räumlichkeiten

Zirka 5.000 Mal pro Jahr wird die Schmerzambulanz frequentiert, rund 800 Patientinnen und Patienten werden jährlich stationär und tagesklinisch versorgt. Für die ambulanten Versorgungen wurden Ende Juni 2017 die neuen Räumlichkeiten der Schmerzambulanz in Betrieb genommen, die mit drei Behandlungsräumen eine ruhigere Atmosphäre für die Versorgung und mehr Privatsphäre für die Patientinnen bietet. „Es ist schön, dass wir im Krankenhaus die Ressourcen und die Zeit zur Verfügung gestellt bekommen, damit wir uns bestmöglich um die Schmerzpatientinnen kümmern können“, sagt Kern. Auch die Zusammenarbeit zwischen Medizin und Pflege funktioniere optimal: „Wir haben sehr gut geschultes Pflegepersonal, das viele Aufgaben der Patientenversorgung in Eigenverantwortung übernehmen kann.“ Seine persönliche Motivation für die Tätigkeit als Schmerzmediziner liegt in der Notwendigkeit, chronische Schmerzpatienten adäquat zu behandeln, sagt Kern: „Ich denke, wir haben eine gesellschaftliche Verpflichtung, uns um diese Patientinnen zu kümmern. Sie sind eine Randgruppe und werden nicht immer gehört. Sich gerade um Menschen am Rand zu kümmern entspricht auch dem Geist des Hauses.“

A. FELBER


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