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Die Wurzel elisabethinischen Wirkens

Die Wurzel elisabethinischen Wirkens

Die Elisabethinen in Aachen - Über die Jahrhunderte waren die Elisabethinen in verschiedenen Betrieben im Dienst für die Menschen.

 

Wir schreiben das Jahr 1622 und die Stadt Aachen im Westen Deutschlands steht vor einem Problem: Hunderte Pilger sind für die Heiligtumsfahrt in der Stadt, viele von ihnen müssen im Armenspital gepflegt werden. Diese Versorgung funktioniert mehr schlecht als recht. Die Stadtregierung sucht dringend nach einem neuen Gasthausmeister, der das Spital auf Vordermann bringt. Sie hört auf den Tipp der Jesuiten: Demnach lebe die Tochter des ehemaligen Aachener Burgvogts in den Niederlanden – eine praktisch veranlagte Frau, die wisse, wie Krankenpflege funktioniert. Ihr Name: Apollonia Radermecher.

 

Sie folgt dem Ruf nach Aachen und stellt schnell fest, dass für man für eine ordentliche Versorgung der Kranken und Aussätzigen geistliche Frauen benötigt. Allerdings findet sich keine Gemeinschaft, die diesen Auftrag übernehmen will. Nach anfänglichem Zögern gründet sie im Mai 1626 mit Freundinnen die Gemeinschaft der Elisabethinen. Noch im selben Jahr, am 31. Dezember 1626, verstirbt Mutter Apollonia und hinterlässt zwei Novizinnen, die dennoch mit Mut und Zuversicht weitermachen.

 

Entbehrungen und Wachstum

Damit wurde Aachen zur Wiege der Elisabethinen, beziehungsweise der Elisabethinnen, wie sie in Deutschland geschrieben werden. Die Jahrzehnte darauf litten die Schwestern oft unter Einschränkungen ihrer Rechte. Die Größe des Konvents war auf 14 Schwestern begrenzt, weshalb bald eigenständige Konvente in Luxemburg und Graz gegründet wurden. Ende des 18. Jahrhunderts durften die Schwestern weder das Ordenskleid tragen noch Gottesdienste feiern. Bis 1810 durften keine Novizinnen aufgenommen werden.

Als Mitte des 19. Jahrhunderts die Begrenzung der Anzahl der Schwestern fiel, wurden erstmals vom Mutterhaus abhängige Filialen gegründet. Zwischen den beiden Weltkriegen hatten die Elisabethinnen die Phase ihrer größten Ausdehnung und zählten 300 Schwestern. 1941 wurden sie vom NS-Regime enteignet, die das Mutterhaus als Polizeikaserne für die Waffen-SS und die Gestapo nutzte. Erst in den 50er Jahren konnten die Schwestern zurückkehren. Durch die Abnahme des Ordensnachwuchses wurden Filialen wieder geschlossen, heute leben alle 20 Schwestern im Mutterhaus.

 

Dienst an vielen Orten

Eine Besonderheit der Aachener Elisabethinnen ist, dass sie nie ein eigenes Krankenhaus besessen haben. Über Jahrhunderte hinweg arbeiteten sie in städtischen Krankenhäusern, wo ihr Dienst unverzichtbar war. „Wir waren immer Dienstnehmerinnen, nie Eigentümerinnen“, so Sr. M. Johanna Koch, die Ökonomin des Aachener Konvents, – eine Tatsache, die aber nicht als Mangel empfunden wird. „Egal wo wir tätig sind: Uns schätzen die Menschen, die uns brauchen. Davon gibt es reichlich.“

Heute arbeiten die Schwestern in pflegerischen Berufen wie der Altenpflege, in der Krankenhausseelsorge, der Kindererziehung, der Gemeindepastoral und in der interfranziskanischen Arbeitsgemeinschaft. In ihrem Kloster beherbergen sie in ihrer Gaststube „Apollonias Gasthaus“ obdachlose Menschen, stellen eine Unterkunft für Pilger bereit und vermieten rund ein Viertel des Klosters an Menschen, die zwar eigenständig, aber in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Schwestern wohnen wollen. „Und wir betreiben das ‚Unternehmen Ordensleben‘, wie ich es nenne“, sagt Sr. M. Johanna. „Wir gestalten unser tägliches Zusammenleben, kümmern uns selbst um die Pflege der älteren Mitschwestern und befassen uns auch mit Themen wie Brandschutz im Kloster.“

Drehscheibe der Konvente

Obwohl sich die einzelnen Elisabethinen-Konvente eigenständig und strukturell unabhängig voneinander sind, gibt es regen Kontakt. „Das Grab von Mutter Apollonia ist in unserem Mutterhaus. Viele Schwestern besuchen es, das verbindet natürlich.“ Außerdem ist der Aachener Konvent die inoffizielle Informationsdrehscheibe, die Neuigkeiten aus allen Richtungen erfährt und bei Bedarf vernetzt. Die Schwestern verstehen sich keineswegs als Anführerinnen. „Wir sind die Wurzel, aber eine Gemeinschaft unter Gleichen“, sagt Sr. M. Johanna. „Ich finde es ist eine Stärke, dass wir uns niederschwellig helfen können. Die Konvente dürfen sich lieben, ohne es zu müssen.“

A. Felber


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