Reifen und Wachsen in der Ordensausbildung

Reifen und Wachsen in der Ordensausbildung

Das Leben in einer Gemeinschaft ist ein besonderes, erst recht das Leben in einer Ordensgemeinschaft. Mitunter umfasst dieses eine sehr lange Zeitspanne, wie die Professjubiläen zeigen, die heuer gefeiert wurden. Wie aber gestaltet sich der Anfang dieser „Berufung“? Welche Stationen durchläuft man als Ordensschwester? Gleich vorweg: die Ausbildung dauert acht Jahre und ist eine Zeit intensiven Reifens und Wachsens.

MOMENTAN LEBEN 41 SCHWESTERN und eine Novizin in der Gemeinschaft der Elisabethinen Linz-Wien. 42 Frauen also haben vor unterschiedlich langer Zeit die „Berufung“ gespürt, ein Ordensleben führen zu wollen und sich dafür schließlich auch entschieden. In Graz sind es derzeit 12 Frauen, die sich ebenfalls für das Ordensleben entschieden haben und die jetzt dem Konvent der Elisabethinen Graz angehören.

Vom ersten Impuls, der oft aus einer undefinierbaren Sehnsucht nach „Größerem“ besteht, bis zum Eintritt können Monate oder auch Jahre vergehen. Dann aber beginnt für alle Neuen eine gleich lange, dennoch höchst individuelle Zeit der Ausbildung. Schwester Rita, die mit fünf Mitschwestern das Berufungspastoralteam der Elisabethinen Linz-Wien leitet und seit 20 Jahren für die Ausbildung zuständig ist, sagt: „Damals, beim Eintritt unserer Profess-Jubilarinnen, war das noch ganz anders. Da traten meistens Gruppen von zwei, drei oder vier Frauen gleichzeitig ein. Insofern waren oft 10 bis 15 Schwestern parallel in Ausbildung. Heute sind es einzelne Frauen, die diesen Weg gehen, was die Ausbildung individueller und persönlicher macht.“ Dennoch fehlen die Gleichaltrigen, das ist für heutige Novizinnen nicht einfach.

Vier bedeutende Phasen Noch bevor die erste Phase beginnt, jene der „Kandidatur“ und des „Postulats“, kommt es vor, dass suchende und interessierte Frauen zwischen 18 und 40 Jahren in das Ordensleben „hineinschnuppern“, für einige Tage oder Wochen im Ausbildungskonvent mitleben und ihren Eintritt ernsthaft prüfen. Danach erst folgt die erste Phase der Kandidatur und des Postulats, die meist ein Jahr dauert und dem Vertrautwerden mit dem Gemeinschaftsleben sowie dem Klären von persönlichen Fragen dient. Etwa: „Eigne ich mich für dieses Leben?“ oder „Ist dies der richtige Ort für mich?“, auch „Kann ich mich auf eine lebenslange Gottessuche einlassen?“ Das „Noviziat“ ist der nächste Schritt, dauert zwei Jahre und beginnt mit der Einkleidungsfeier. Im Moment befindet sich die jüngste „Lisl“, Sr. Helena, in diesem Ausbildungsabschnitt. Zentrale Themen in dieser Phase sind einerseits das Vertrautwerden mit der elisabethinisch-franziskanischen Lebensweise, andererseits die intensive Auseinandersetzung mit der persönlichen Berufung, dem Ordensleben, dem Gebetsleben, der Ordensspiritualität sowie mit der eigenen Persönlichkeit, ihren Talenten, Stärken und Schwächen. Mit der zeitlichen Profess beginnt die dritte Phase, das „Juniorat“, das fünf Jahre dauert. In dieser Zeit vertieft eine Juniorin das Hineinwachsen in den Sendungsauftrag der Gemeinschaft. Es besteht die Möglichkeit, den erlernten Beruf auszuüben oder ein Studium zu absolvieren. Sie wächst mehr und mehr in die Verbindung von Ordens- mit Berufsleben hinein. Abgeschlossen ist die Ordensausbildung schließlich mit der Profess auf Lebenszeit. Die junge Schwester legt dabei die Gelübde der ehelosen Keuschheit, der Armut und des Gehorsams ab. Dies ist die vierte Phase. Nun ist die Schwester ein vollständiges Mitglied in der Ordensgemeinschaft der Elisabethinen.

Vielseitige Inhalte für persönliches Wachstum

Diese acht Jahre sind eine intensive Zeit des Lernens und Reifens. Die Inhalte der Ausbildung umfassen unterschiedliche Bereiche und fördern insgesamt die ganzheitliche Entwicklung der Persönlichkeit, also in spiritueller, theologischer, menschlicher, beruflicher und in ganz persönlicher Hinsicht. Voraussetzung für den Eintritt ist eine bereits abgeschlossene Berufsausbildung oder ein Studium. Junge Frauen mit ihren eigenen Talenten, Gedanken und Ideen prägen und verändern damit die Gemeinschaft, was „überlebensnotwendig und wertvoll ist“, wie Schwester Rita betont.

Ein Blick in den Gemeinschaftsund Arbeitsalltag

Die Elisabethinen waren von der Gründung an (1622) ein klassischer „Pflegeorden“. Heute leben sie ihren Auftrag „Die Menschen froh machen“ in unterschiedlichen Bereichen. In der Seelsorge, der Verwaltung, der Pflege, der Küche oder im neu gebauten Generationen-Haus. „Die jungen Frauen treten heute nicht mehr ein, um einen spezifischen Beruf auszuüben, sondern um Ordensfrau zu sein. So sind wir offener geworden für viele unterschiedliche berufliche Wege, auch außerhalb des Klosters und Krankenhauses“ erzählt Sr. Rita. Damit stehe einer Elisabethine heute jedes Arbeitsfeld offen, auch im Schuldienst oder in der Diözese. Neben der jeweiligen Tätigkeit gibt es gemeinsame Zeiten der Kontemplation, des Betens, der Tischgemeinschaft sowie der Freizeitgestaltung. Im vergangenen Sommer unternahmen fünf der jungen und „junggebliebenen“ Schwestern eine Pilgerreise auf den Spuren des Hl. Franziskus und der Hl. Klara nach Assisi. Ebenso dürfen im Alltag schöne Ausflüge, ein gemütlicher Abend oder auch mal ein Theater-Besuch nicht fehlen. Immer aber verstehen sich die Elisabethinen als Ordens- und Lebensgemeinschaft auf einer gemeinsamen Gottsuche.

V. Halvax


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