Sie folgen einem Ruf – seit 400 Jahren

Eine Jahrhunderte andauernde Geschichte von Berufungen

Genau 400 Jahre ist es her, dass eine gewisse Apollonia Radermecher dem Ruf der Stadtväter von Aachen gefolgt ist, um in ihrer Heimatstadt ein Krankenhaus zu übernehmen. Aus diesem Ruf und der E​​​​​​​ntscheidung dieser Frau ist die Ordensgemeinschaft der Elisabethinen geworden. Die Ordensfrauen der Elisabethinen und ihre Mitarbeiter*innen sind auch heute noch für Menschen da, die Unterstützung, Hilfe und Versorgung brauchen. Nicht nur in Aachen, sondern vielen Ländern Europas und darüber hinaus, natürlich auch in Österreich.

400 JAHRE SIND eine ganz schön lange Zeit. Irgendwie gar nicht so klar greifbar. Ein wenig einfacher wird es, wenn man sich diese Zeitspanne in Generationen vorstellt. Überschlagsweise nimmt man für eine Generation eine Dauer von 30 Jahren an. Somit läge 1622, das Gründungsjahr der Ordensgemeinschaft der Elisabethinen rund 14 Generationen zurück, was schon wieder gar nicht so lange erscheint.

1622 gilt als das Gründungsjahr der Elisabethinen

Papst Gregor XV. war damals Papst der römisch-katholischen Kirche, Ferdinand II. Kaiser des heiligen römischen Reiches und Erzherzog von Österreich, auf dem französischen Königsthron saß Ludwig XIII. und in Russland herrschte Zar Michael I. Und ich Aachen? Hier dürfte jedenfalls ziemliche Verzweiflung geherrscht haben, angesichts verheerender Zustände in Bezug auf die Gesundheitsversorgung der Stadtbevölkerung. Auch die städtischen Krankenhäuser, die als „Gasthäuser“ bezeichnet wurden und wohl eher als Armen- und Siechenhäuser beschrieben werden können, waren offensichtlich nicht sonderlich gut organisiert. Aber eine Tochter der Stadt hatte sich gerade auf dem Gebiet der Krankenversorgung einen Namen gemacht. Allerdings nicht in ihrer Heimatstadt, sondern im luxemburgischen Herzogenbusch. Apollonia Radermecher, die Tochter eines angesehenen Aachener Kaufmanns, war dorthin gezogen, um gemeinsam mit Gefährtinnen ein „Gasthaus“ aufzubauen. Der gute Ruf dieser Einrichtung erreichte auch die Ohren des Aachener Rats, der Apollonia Radermecher schließlich bat, in Aachen das „Gasthaus von Sankt Elisabeth“ am Radermarkt zu übernehmen, es zu reformieren und damit die Krankenversorgung in der Stadt auf neue Beine zu stellen.

Die Berufung der Mutter Apollonia nach Aachen

Mutter Apollonia, wie sie von den Elisabethinen bis heute liebevoll genannt wird (siehe auch Editorial auf Seite 3), hatte also eine Berufung in das Amt der Gasthausmeisterin. Dieser Berufung, ausgesprochen vom Rat der Stadt Aachen, folgte sie auch. Tatsächlich erneuerte sie in weiterer Folge das „Gasthaus von Sankt Elisabeth“, auch wenn es ihr nicht immer leichtgefallen sein dürfte. Sie wollte die Stelle eigentlich nur vorübergehend übernehmen und an Ordensschwestern übergeben, die nach ihr die Leitung des Hauses übernehmen sollten. Dazu kam es aber nicht und so blieb Apollonia Radermecher in Aachen. Auf Drängen des Rates übernahm sie schließlich die Gasthausleitung auf Dauer und am 5. Mai 1626 nahm sie gemeinsam mit zwei weiteren Frauen das Ordenskleid und die Ordensregel des heiligen Franziskus an. Sie gaben sich den Namen „Hospitalschwestern von St. Elisabeth“ und waren schon bald als Elisabethinen, Elisabethinnen oder auch Elisabethinerinnen bekannt. Apollonia Radermecher folgte auch einen inneren Ruf Berufung kann neben dem Ruf in ein Amt aber noch eine andere Bedeutung haben – und wir meinen hier nicht die Berufung im juristischen Sinn. Die Berufung, die Apollonia Radermecher schon viel früher verspürt haben dürfte, war der innere Ruf zu ihrer späteren Lebensaufgabe. Sie war stark katholisch geprägt aufgewachsen und lebte in einer Zeit, in der die heilige Elisabeth sehr verehrt wurde. Das Vorbild der heiligen Elisabeth, sich den armen und kranken Mitmenschen zu widmen, war für die Kaufmannstochter nach dem Tod ihres Vaters das prägende Motiv für ihren Weg nach Luxemburg, wo sie ihr Vermögen in das oben beschriebene Gasthaus investierte. Niemand hatte sie darum gebeten. Der innere Ruf zum aktiven Dienst der christlichen Nächstenliebe gab den Ausschlag für diesen Schritt und Apollonia Radermecher brachte den Mut auf, diesen Schritt zu gehen.

Der Weg der Elisabethinen von Aachen nach Österreich Seither sind viele Frauen ihrem Beispiel gefolgt. Von Aachen aus zogen bereits 1650 die ersten Schwestern weiter ins nahegelegene Düren, um dort eine erste Niederlassung zu gründen. Elf Jahre später brachen wiederum einige Elisabethinen auf und gründeten eine Niederlassung im etwas weiter entfernten Luxemburg. Aber schon 1690 kamen die ersten Elisabethinen auch nach Österreich. Wiederum waren sie einem Ruf gefolgt, nämlich dem Ruf der Gräfin Maria Theresia von Wagensperg. Sie hatte selbst in Graz vom Wirken der Elisabethinen im fernen Aachen gehört und bat diese, auch in der Steiermark ein Kloster samt Krankenhaus zu gründen. Wiederum waren es mutige Frauen, vier an der Zahl, die den weiten Weg auf sich nahmen. Drei von ihnen kamen schließlich in Graz an und gründeten nach vielen Schwierigkeiten und mehreren Jahren des Wartens und Hoffens das hiesige Kloster und das Krankenhaus der Elisabethinen. Von Graz aus zog es die Elisabethinen 1709 nach Wien und ein Jahr später nach Klagenfurt. Von Wien aus wurde schließlich 1745 der Konvent der Elisabethinen in Linz gegründet.

Auch heute noch sind die Elisabethinen in Österreich in diesen vier Städten zu Hause: Graz, Wien, Klagenfurt und Linz. In jeder dieser vier Städte leisten die Elisabethinen in ihren Krankenhäusern und weiteren Einrichtungen seither einen wichtigen Beitrag zur Versorgung von kranken und bedürftigen Menschen vor Ort. „Elisabethinen – das sind wir alle“ Viele Generationen von Frauen sind seit der Gründung dieser vier Klöster ihrer Berufung, ihrem inneren Ruf gefolgt. Sie haben sich für ein Leben als Ordensfrauen und gleichzeitig für einen Beruf im Gesundheitswesen entschieden. Bis lange ins 20. Jahrhundert waren es die Ordensfrauen (fast) alleine, die für die gesamte Versorgung der ihnen anvertrauten Menschen sorgten. Heute machen sie das gemeinsam mit vielen Mitarbeiter*innen. Auch wenn diese nicht alle das Ordenskleid der Elisabethinen tragen und nach der Ordensregel des heiligen Franziskus leben, auch sie sind ihrer Berufung gefolgt, sich der Betreuung, der Behandlung und der Pflege ihrer Mitmenschen zu widmen. Und die Erkenntnis der heiligen Elisabeth: „Seht, wir müssen die Menschen nur froh machen!“, ist auch heute noch für viele von ihnen Ansporn und Motivation.

M. ETLINGER


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