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Ein Hoch dem 1. Mai

Ein Hoch dem 1. Mai

Vom Umgang mit einem Brauch in Zeiten der Isolation. Ein Tanz rund um das zurückgegebene Diebesgut.

Bräuche geben unserem Jahresablauf eine gewisse Struktur und stärken den Zusammenhalt einer Gemeinschaft. Das dachten sich wohl auch die Ordensfrauen der Linzer Elisabethinen, die wegen der gesundheitlichen Risiken durch Corona den inneren, fast komplett abgeschiedenen Konvent bildeten. Sie ließen sich von der Absage der MaibaumFeiern im ganzen Land nicht entmutigen und beschlossen, sich einen eigenen Maibaum zu organisieren.

 

Am Morgen des 1. Mai war es dann so weit: die „Chorfrauen“ – so nannte sich der innere Konvent – stellten den von den Gärtnern des Hauses vorbereiteten Baum im Innenhof des Klosters feierlich auf. Zwei grüne Kränze, rote und gelbe Schleifen und eine Fahne an der Spitze zierten den Baum. Und auch eine Tafel mit einer Widmung wurde von den Chorfrauen angebracht, so wie es sich in der Region für einen ordentlichen Maibaum gehört.
Eines hatten sie aber nicht bedacht: Die Ordensfrauen des äußeren Konvents waren zur Maibaumfeier nicht eingeladen, auch nicht als Zuschauerinnen von den Fenstern der oberen Stockwerke aus. Damit war der Auftrag für diesen Teil des Konvents klar: der Maibaum musste gestohlen werden. Um halb zwei in der Nacht zum 2. Mai stiegen die Elisabethinen des äußeren Konvents wieder aus ihren Betten. Unbemerkt von ihren schlafenden Mitschwestern des inneren Konvents entführen sie den schönen Baum, trugen ihn durch den Gang des Klosters und stellten ihn auf der anderen Seite des Hauses wieder auf.
Die Überraschung am nächsten Morgen war groß. Der Baum war weg. Stattdessen fanden die Chorschwestern einen „Erpresserbrief“ und eine Beilage in ihrer Morgenzeitung. Natürlich wurde der Baum wieder ausgelöst, er kam zurück an seinen vorgesehenen Platz im Innenhof und die Maibaumdiebinnen wurden mit einer Jause belohnt. 

 

M. Etlinger

 

 


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