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Familienfreundlichkeit ist ein zentrales Anliegen

In einem Krankenhaus stehen die Menschen im Mittelpunkt, mit ihren jeweils individuellen Bedürfnissen. Auf der einen Seite die Patient*innen, auf der anderen Seite die Mitarbeiter*innen. Dies tagtäglich so zu vereinen, dass bestmögliche Versorgung der kranken Menschen und gleichzeitig Arbeitsplatz-Zufriedenheit garantiert sind, ist die große Herausforderung, mit der auch unsere Spitäler konfrontiert sind. Ein Gespräch mit vier Verantwortlichen aus Graz, Linz und Wien.

EIN KRANKENHAUS IST EIN spezieller Ort, in vielerlei Hinsicht, vor allem auch aus der Sicht als Arbeitgeber. „Auf der einen Seite sind die Patientinnen und Patienten mit ihrer Krankheit in sehr herausfordernden Situationen“, so Mag. Andreas Hasiweder, Personalleiter Ordensklinikum Linz, „denen wir rund um die Uhr die bestmögliche Versorgung bieten möchten. Ganz im Sinne unseres Anspruchs: ‚Der Not der Zeit begegnen und die Menschen wieder froh machen.’“ Auf der anderen Seite sind im Ordensklinikum Linz rund 4.000 Mitarbeiter*innen, die diese Leistung rund um die Uhr erbringen müssen, aber auch ihre Bedürfnisse und Anliegen haben, die wir ernst nehmen, so Hasiweder weiter. Schichtdienste am Tag, Nacht- und Wochenenddienste allerdings sind üblich und scheinen auf den ersten Blick in einem Widerspruch zur Familienfreundlichkeit zu stehen. Krankenhäuser oder, weiter gefasst, Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen, haben hier einen ordentlichen Spagat zu meistern. „Das ist in der Tat eine große Herausforderung“, so Hasiweder, „Patient*innen haben Anliegen, Mitarbeiter*innen haben Anliegen. Und diese gilt es tagtäglich zu vereinen.“ So verwundert es auch nicht, dass in einer österreichischen Umfrage aus dem Jahr 2015, die unter Mitarbeiter*innen in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen durchgeführt wurde, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf als Hauptfaktor für die Wahl des Arbeitgebers (67 %) und auch als Hauptfaktor für den langfristigen Verbleib in einem Unternehmen (64 %) genannt wurde. Zusätzlich ist in den letzten drei Corona-Jahren die Belastung von Mitarbeiter*innen im Gesundheitsdienst stärker zum Thema geworden, was auch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie noch mehr in den Vordergrund gestellt hat.

An den drei Standorten, an denen die Elisabethinen beteiligt sind, wird seit jeher großer Wert auf Familienfreundlichkeit gelegt. Das komme auch daher, so Hasiweder, dass Familie in der christlichen Tradition einen hohen Stellenwert genießt und daher dieser Wert schon immer in den Ordensspitälern verankert war und entsprechend gelebt wurde. Die Elisabethinen Graz zum Beispiel wurden bereits vor neun Jahren zum ersten Mal vom Audit „Beruf und Familie“ zertifiziert. Im Ordensklinikum Linz, gibt es schon seit gut 15 Jahren das „Netzwerk Familie“ mit der Idee, dass sich Mitarbeiter*innen, die selbst Kinder haben, regelmäßig zusammensetzen, um gemeinsam zu erarbeiten, welche Maßnahmen den Arbeitsplatz im Krankenhaus noch familienfreundlicher machen. Im Zuge der Auseinandersetzung mit dem Thema wurde eine Kinderkrabbelstube im Ordensklinikum initiiert, die bereits seit über 20 Jahren besteht.


„Die Mitarbeiter*innen geben ihre Sorgen und Familienthemen ja nicht an der Tür ab. Sie auch als ganze Menschen zu sehen, ist wichtig, nur so können sie sich auch gut aufgehoben fühlen.“

MAG.a VERONIKA WIESINGER
Betriebs- und Organisationspsychologin am Ordensklinikum Linz, außerdem zuständig für „Betriebliche Gesundheitsförderung“ und Mitglied im „Netzwerk Familie“, Mutter von zwei Kindern

„Patient*innen haben Anliegen, Mitarbeiter*innen haben Anliegen. Und diese gilt es tagtäglich zu vereinen.“

MAG. ANDREAS HASIWEDER
Personalleiter und Mitglied des Vorstands, Ordensklinikum Linz, Vater sowie Stiefvater von insgesamt vier Kindern


Was aber macht nun Familienfreundlichkeit genau aus? Mag.a Alexandra Lindtner, Personalleiterin und stellvertretende Verwaltungsdirektorin im Franziskus Spital Wien: „Familienfreundlichkeit umfasst mehrere Punkte und ist immer höchst individuell zu sehen. Sie ist auch in einem Krankenhaus sehr gut lebbar. Um ganz persönlich auf die jeweiligen Bedürfnisse einzugehen, braucht es aber exakte Planung und den Willen der jeweiligen Führungskraft. Das bedeutet natürlich auch mehr Aufwand.“ Elke Angerer, Assistenz der Pflegedirektion Graz und zuständig für das Gütesiegel „Familie und Beruf“, sieht dies ähnlich: „Es geht stets darum, dass wir als Arbeitgeber die Voraussetzungen schaffen, damit Mitarbeiter*innen mit gutem Gewissen arbeiten und Familie leben können. Und darauf müssen sich die Mitarbeiter*innen auch verlassen können.“ Mag.a Veronika Wiesinger, Betriebs- und Organisationspsychologin, die dem „Netzwerk Familie“ im Ordensklinikum angehört, fügt noch hinzu: „Wichtig ist außerdem, zu wissen, dass Mitarbeiter*innen ihre Sorgen und Familienthemen ja nicht an der Tür abgeben, wenn sie zu uns hereinkommen. Sie also als ganze Menschen zu sehen, nur so können sie sich auch gut aufgehoben fühlen.“

Hier nun einige Kriterien, die für die Spitäler der Elisabethinen eine große Rolle spielen, um Familienfreundlichkeit so gut wie möglich zu unterstützen:

Teilzeit

Dies ist das vermutlich wichtigste Kriterium. Teilzeit ist an allen drei Standorten gelebte Wirklichkeit und die Teilzeitquote generell sehr hoch. Im Ordensklinikum Linz etwa liegt die Quote über alle Berufsgruppen gesehen bei 57 %, in der Pflege sogar bei über 67 %. Diese Quote ist repräsentativ auch für Wien und Graz. Wichtig sei hier wieder das individuelle Eingehen, so Lindtner: „So kann es der einen Mutter lieber sein, täglich von 8:00 bis 14:00 Uhr zu arbeiten, die andere aber bevorzugt es, jeweils zwölf Stunden an Samstagen und Sonntagen zu arbeiten. Das ist zu berücksichtigen und entsprechend zu planen.“ Fakt ist, je mehr Teilzeitkräfte, desto mehr Planung ist erforderlich.

Arbeitszeit flexibel gestalten

Grundsätzlich ist damit gemeint, unterschiedliche Dienstzeitmodelle anzubieten, was an allen drei Standorten genauso gehandhabt wird. Darüber hinaus kann nach Möglichkeit von den vereinbarten Dienstzeiten auch kurzfristig abgewichen werden, wenn Unvorhergesehenes eintritt. Das ist oftmals nur machbar, weil etwa Kolleg*innen den Dienst tauschen oder kurzfristig Ersatz gefunden wird. Gleitzeit ist in einem Krankenhaus wohl am schwierigsten umzusetzen und oftmals nur im Verwaltungsbereich möglich.

Homeoffice

Auch Homeoffice ist in einem Krankenhaus nur bedingt möglich und betrifft vorwiegend die Organisations- und Verwaltungsstellen. Hier aber wird großes Entgegenkommen gelebt.

Kinderbetreuung

Ebenfalls ein sehr wichtiges Thema. Es umfasst zum einen Beginn- und Endzeiten der Arbeitsstunden, die sich an den Öffnungszeiten von Kinderbetreuungseinrichtungen orientieren, zum anderen eigene Betreuungsangebote im Haus. Hier gibt es an den jeweiligen Standorten unterschiedliche Angebote. Im Ordensklinikum Linz gibt es eine Kinderkrabbelstube, die von Montag bis Freitag von 6:30 Uhr bis 16:30 Uhr geöffnet ist, einen eigenen Kindergarten, der gemeinsam mit der Caritas betrieben wird, und Betriebstageseltern, in Kooperation mit dem Familienbund, was derzeit für Eineinhalb-Jährige bis 5-Jährige angeboten wird und höchstmögliche Flexibilität bietet: Je nach Dienstplan kann man Monat für Monat neu die Tage festlegen, an denen Eltern diese Möglichkeit in Anspruch nehmen werden. „Die Kinderbetreuungsangebote werden extrem gut angenommen. Wir wissen aber, dass der Bedarf steigt, und arbeiten daran, hier das Angebot weiter auszubauen“, sagt Mag.a Veronika Wiesinger. In Graz ist ein eigener Kindergarten am Standort in Planung. Die Details wären gerade in Ausarbeitung, so Elke Angerer. „Für einen eigenen Kindergarten sind wir mit unseren 650 Mitarbeiter*innen zu klein“, sagt Mag.a Alexandra Lindtner, „aber bei der Ferienbetreuung für größere Kinder hängen wir uns beim Ordensklinikum an und unterstützen diese Woche auch finanziell. Ferienbetreuung gibt es an allen drei Standorten, in Linz schon seit 2011. Größere Kinder haben die Möglichkeit, an einer Ferienwoche in Windischgarsten teilzunehmen, kleinere werden direkt im Ordensklinikum betreut. In Graz gibt es seit 2015 die Sommerbetreuung, die in Kooperation mit WIKI durchgeführt und von den Elisabethinen finanziell unterstützt wird.

Urlaubsplanung

Dieses Thema stelle Jahr für Jahr wieder eine große Organisationsleistung dar, darin sind sich alle vier Gesprächspartner*innen einig. Es gehe da ja auch um Gerechtigkeit, sagt Mag.a Wiesinger. Schließlich wollen auch kinderlose Paare im Sommer Urlaub machen. Generell ist zu sagen, dass Familienfreundlichkeit oft nur mit jungen Familien, die kleine Kinder haben, assoziiert wird. Das finde sie falsch, so Mag.a Lindtner vom Franziskus Spital Wien. „Wir möchten den Begriff und damit auch die Leistungen weiter fassen. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf umfasst etwa auch all jene, die Familienmitglieder pflegen.“ Karenz/Wiedereinstieg Kinderbetreuung ist in Österreich immer noch großteils Frauensache – was die Thematik gerade für Krankenhäuser bedeutsam macht, da der Frauenanteil überproportional hoch ist. Im Ordensklinikum Linz etwa beträgt er 75,8 % und wenn man rein den Pflegebereich betrachtet sogar 87 %. „Väterkarenz“ nimmt zwar langsam zu, bleibt aber derzeit noch ein Randthema. „Einen finanziellen Hintergrund dafür sehe ich nicht, da bei uns nach Kollektivvertrag bezahlt wird, und der für Frauen und Männer gleich hoch ist“, sagt Mag.a Lindtner, „vielmehr ist die Entscheidung eine höchst individuelle.“


„Familienfreundlichkeit muss weiter gefasst werden und umfasst auch Familien, in denen es Pflegebedarf gibt.“

MAG.a ALEXANDRA LINDTNER
Personalleiterin und stellvertretende Verwaltungsdirektorin, Franziskus Spital Wien, Mutter von zwei Kindern

„Wir als Arbeitgeber müssen die Voraussetzungen schaffen, damit Mitarbeiter*innen mit gutem Gewissen arbeiten und Familie leben können. Und darauf müssen sie sich auch verlassen können.“

ELKE ANGERER
Assistenz der Pflegedirektion Graz und zuständig für das Gütesiegel „Familie und Beruf“, Mutter von zwei Kindern


Der Papamonat hingegen wird an allen drei Standorten gerne und auch deutlich häufiger als früher angenommen. Interessant im Zusammenhang mit längeren Abwesenheiten sind Angebote, die den Wiedereinstieg erleichtern. Zum Beispiel, dass Mitarbeiter*innen auch während ihrer Karenzzeiten über Neuheiten informiert oder zu Veranstaltungen eingeladen werden. In Wien und Linz etwa gibt es die Möglichkeit, während der Karenzzeit geringfügig zu arbeiten, um am Laufenden zu bleiben, sofern Frauen das wollen. In Graz ist für Wiedereinsteiger*innen und neue Mitarbeiter*innen ein Willkommenstag geplant und in Linz gibt es dafür einen eigenen Folder mit relevanten Informationen.

Weiterbildung

Aus- und Weiterbildung hängt ebenfalls mit Familienfreundlichkeit zusammen. Zu welchen Zeiten wird was angeboten, wie können Mitarbeiter*innen am neuesten Stand bleiben, gibt es Möglichkeiten auch für karenzierte Elternteile, können Eltern inhaltlich unterstützt werden? So gibt es im Ordensklinikum Fortbildung mittels E-learning oder regelmäßig Vorträge zu den Themen „Beruf & Familie“, in Graz sind aktuell Familienstammtische in Planung mit Referent*innen zu familienpolitischen Themen.

Besondere Leistungen

Gerade weil Familienfreundlichkeit nicht nur an einem Punkt festzumachen und immer auch individuell zu sehen ist, sind Unternehmen gerne selbst kreativ und bieten mit eigenen Leistungen spezielle Vorteile an, wie dies auch in unseren Spitälern der Fall ist. Abschließend dazu ein paar Beispiele:

So gibt es in allen Häusern verschiedene Angebote der „Betrieblichen Gesundheitsförderung“, die sehr breit gestreut sind. In Linz etwa erfreut sich ein seit 20 Jahren gewachsenes Programm großer Beliebtheit, von Yoga über Kochkurse bis hin zu kreativen Workshops gibt es im 7-Säulen-Programm unterschiedlichste Angebote. Eine Einheit kostet dabei oft nur 5 Euro. In Graz wiederum wird für alle Mitarbeiter*innen, die Bedarf haben, das Klimaticket in voller Höhe bezahlt. In Wien und Graz wird es demnächst Speisen aus der Kantine für Familienangehörige zum Mitnehmen geben – in Linz ist das bereits seit mehreren Jahren möglich.

Außerdem: demnächst eine Elternaustauschgruppe in Graz, die sich einmal pro Quartal treffen soll; Apothekenbestellservice in Wien und vergünstigte Impfmöglichkeit auch für Angehörige; Führungen im Ordensklinikum für Mitarbeiter*innen-Kinder, „damit die Kinder wissen, was ihre Eltern so den ganzen Tag machen. Mein Sohn glaubt ja, ich arbeite nicht, sondern rede nur“, sagt die Arbeitspsychologin Mag.a Wiesinger lachend.

„Ich glaube, gerade weil Familie in unseren christlichen Spitälern generell einen hohen Stellenwert einnimmt, dass wir uns bemühen, an allen drei Standorten so großzügig wie möglich mit unseren Angeboten zu sein, auch zum Beispiel bei der Altersteilzeit. Klar ist, es gibt immer etwas zu verbessern. Und daran arbeiten wir auch kontinuierlich“, sagt abschließend Mag. Hasiweder. Wie bei allem ist es jedenfalls wichtig, auch in herausfordernden Zeiten im Gespräch zu bleiben. Gerade bei so essentiellen Themen wie jenem der Familienfreundlichkeit. Die Anerkennung und Wertschätzung der Leistung, die unsere Mitarbeiter*innen tagtäglich erbringen gehört in allen drei Spitälern zum Fundament.

V. HALVAX


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