Ein großer Schritt in eine gemeinsame Zukunft Unsere Projekte

Wenn ältere Menschen akut Hilfe benötigen.

Gut aufgehoben zurück in die Selbstständigkeit.

Eine Knie-Operation, eine Lungenentzündung oder ein Sturz - solche Erkrankungen stellen für die meisten Menschen ein einschneidendes Ereignis dar, besonders aber für ältere Personen deren Organismus erstens anders funktioniert als bei jüngeren und die zweitens durch einen solchen Akutfall oft in ihrer Selbständigkeit und Lebensqualität eingeschränkt sind. Um diese wieder herzustellen, braucht es eine speziell zugeschnittene, multiprofessionelle Behandlung, ausreichend Zeit und Verständnis. Genau dafür gibt es die akutgeriatrischen Angebote der Elisabethinen Linz und Graz sowie im Franziskus Spital in Wien an beiden Standorten. Ob stationär oder mobil, ältere Patient*innen finden hier ein Umfeld, in dem sie kompetent umsorgt werden.

Selbständig und mobil bleiben sowie in den eigenen vier Wänden den Alltag bewältigen, das sind wichtige Wünsche von älteren Menschen. Und es sind auch die Ziele der Geriatrie, einer eigenen medizinischen Fachrichtung, der sogenannten „Altersmedizin“. In der Geriatrie geht es ausschließlich um die spezifischen Bedürfnisse und die Versorgung von älteren Patient*innen, bei akuten oder chronischen Erkrankungen, in der Rehabilitation oder Prävention. Immer mit dem generellen Anliegen, bis ins hohe Alter eine gute Lebensqualität sicherzustellen. Kommt es nun zu einem medizinischen Ereignis, das die gewohnte Lebensqualität und Mobilität einschränkt, wie etwa im Fall einer Operation oder einer akuten Erkrankung, ist die „Akutgeriatrie“ zuständig, in Krankenhäusern oft als Abteilung für Akutgeriatrie und Remobilisation bezeichnet.

„In unseren akutgeriatrischen Angeboten ist das oberste Ziel die Wiederherstellung des gesundheitlichen Zustandes, wie er vor dem Akutereignis war. Ältere Menschen benötigen vom ersten Tag an eine andere Behandlung“, sagt Oberarzt Dr. Hendrik Koller vom Ordensklinikum Linz Elisabethinen. „Der Verlust gewisser Funktionen, Muskelabbau, die Schwächung des Organismus, all das beginnt schon ab Tag Eins bei einer Erkrankung, einer Operation oder nach einem Unfall. Daher nehmen wir in Linz Patientinnen und Patienten direkt aus den Stationen oder der Notfallaufnahme auf.“ Ab dann werden sie sofort von einem
multidisziplinären Team umsorgt. Auch das ist ein Merkmal akutgeriatrischer Angebote: dass sich immer unterschiedliche Berufsgruppen gleichwertig um die Patient*innen kümmern: Fachärzt*innen für Innere Medizin und Allgemeinmediziner*innen, beide mit Spezialisierung in der Geriatrie, Physiotherapeut*innen, Ergotherapeut*innen, Psycholog*innen, Pfleger*innen, Diätolog*innen, Logopäd*innen und Sozialarbeiter*innen, jeweils abhängig vom genauen Bedarf.

Den Menschen ganzheitlich sehen

Diese verschiedenen Berufsgruppen führen zum einen das sogenannte „geriatrische Assessment“ durch, zum anderen übernehmen sie die Therapieeinheiten und Rundum-Versorgung. „Wir schauen uns Menschen im Alter anders an“, sagt Dr.in Verena Mohr von der MobiRem (mobile Remobilisation) in Graz. „Bei einem solchen Assessment etwa werden die Patientinnen und Patienten ganzheitlich untersucht. Immer unter Berücksichtigung bereits bestehender Einschränkungen, wie Sehschwäche oder verminderter kognitiver Leistung.“ Diese spezifischen Untersuchungen dienen dazu, Defizite zu lokalisieren und den genauen Behandlungsbedarf zu eruieren. Ein besonderes Augenmerk werde auch auf die Medikation gelegt, so Dr.in Mohr, da viele Medikamente im Alter nicht mehr adäquat sind, auch auf die Ernährungsgewohnheiten,
um gezielt den nötigen Muskelaufbau im Rahmen der Therapie zu unterstützen. Brauchen die Patient*innen keine stationäre Hilfe, sondern ist eine mobile Therapie im häuslichen Umfeld sinnvoller, kommt ein
kleines Team direkt nach Hause, schaut vor Ort, wie die Gegebenheiten sind: gibt es wo Stolperfallen, kommen die Patient*innen zum Beispiel mit einem Rollmobil ins Badezimmer, wie ist die Situation im Stiegenhaus, sind bestimmte Hilfsmittel notwendig? In weiterer Folge wird das häusliche Umfeld zum Trainieren genutzt, man kann direkt dort üben, wo man sich schließlich auch zurechtfinden muss.

Solche außerstationären Angebote gibt es an allen unseren Standorten in Linz, Wien und Graz. In Graz wurde die MobiRem im Oktober eingeführt, mit dem Ziel, rund 13 Patient*innen zuhause zu betreuen. Dr.in Mohr: „Jedem*r stehen 30 Therapie-Einheiten zur Verfügung. Welche genau und in welchem Abstand, das ist natürlich patient*innenabhängig.“ Ziel ist es auch hier, jenen Gesundheitszustand wieder herzustellen,
den die Menschen vor dem Akutereignis hatten. Dieser gilt als „Vergleichswert“ bei der Überprüfung des Behandlungserfolgs. Wöchentlich trifft sich ein interdisziplinäres Team, um die Fortschritte und weitere Behandlung zu besprechen, aber auch um über sonstige Unterstützungsmaßnahmen zu beraten, wie Angehörigen-Schulung, Hilfe bei Behördengängen oder Pflegegeldantrag.

Der Bedarf an Akutgeriatrie ist am Steigen

Solche Therapieangebote, bei denen die Menschen nach wie vor daheim leben, sind nach Dr. Koller überhaupt die moderne Form der Geriatrie: Je mehr Leistung wir direkt zu den Menschen nach Hause bringen, desto besser. Zum einen für die Patient*innen, die dadurch eine deutlich höhere Lebensqualität genießen, wesentlich zufriedener sind, selbständiger bleiben und dadurch auch seltener zu Pflegefällen werden. Zum anderen für das Gesundheitssystem, das dadurch entlastet wird, da die Ressourcen der Krankenhäuser geschont werden. Prim. Doz. Dr. Joakim Huber, stellvertretender ärztlicher Leiter des Franziskus Spitals in Wien, verweist hier auf Studien, die zeigen, dass Menschen, die solche wie die hier beschriebenen geriatrischen Leistungen in Anspruch nehmen, ihre physische und kognitive Konstitution verbessern und auch die Wahrscheinlichkeit erhöhen, länger zu leben. Allerdings ist der Bedarf höher als das Angebot und man muss mit Wartezeiten rechnen. Die Entwicklung geht zwar in die richtige Richtung, so bieten immer mehr österreichische Krankenhäuser akutgeriatrische Leistungen an, aber der Anteil an Menschen im hohen Alter steigt ebenso kontinuierlich seit Jahren. In den letzten Jahren wurden an unseren Standorten jedenfalls die Kapazitäten ausgeweitet. So wurden die akutgeriatrische Station im Franziskus Spital in Wien am Standort Landstraße Anfang 2017 eröffnet und in Graz die stationäre Remobilisation im April 2019.

„Die Menschen möglichst wieder in ihr gewohntes Umfeld zurückzubringen, das ist unser Ziel – und auch deren größter Wunsch."

Prim. Doz. Dr. Joakim  Huber, Franziskus Spital Wien 

Neben den zwei akutgeriatrischen Stationen des Franziskus Spitals in Wien am Standort Landstraße und am Standort Margareten gibt es im Franziskus Spital auch eine akutgeriatrische Tagesklinik für 15 Patient*innen. Diese bietet die Vorzüge der mobilen Betreuung, da die Patient*innen in ihrem gewohnten Umfeld leben und schlafen, aber auch die Vorzüge eines tagesklinischen Aufenthalts, da im Krankenhaus
ein breiteres Therapieangebot genutzt werden kann und außerdem eine gewisse Tagesstruktur angeboten wird. Dr. Huber erklärt den Tagesablauf: „Die Patient*innen kommen schon in der Früh und frühstücken mit uns. Danach beginnen die verschiedenen Therapieeinheiten, sowohl im Einzel- als auch im Gruppensetting. Die Patient*innen nehmen zum Beispiel an einem Kraftzirkel oder Ausdauertraining in der Gruppe teil und erhalten bei Bedarf auch eine unterstützende physikalische Stromtherapie. Dazwischen gibt es ein gemeinsames Mittagessen. Gegen 15:00 Uhr verlassen die Patientinnen und Patienten wieder die Tagesklinik.“ Manche kommen selbständig, manche werden mit einem Fahrtendienst gebracht. „Die Menschen kommen nicht jeden Tag, das wäre zu anstrengend“, so Dr. Huber. Es gibt zwei Gruppen in der Tagesklinik: die eine kommt zweimal wöchentlich, die andere dreimal pro Woche. Bei 20 Therapieeinheiten nehmen die Gruppen somit zwischen sieben und zehn Wochen Training in Anspruch. Meist reicht diese Dauer, damit die Patient*innen zuhause wieder ihr gewohntes Leben selbständig aufnehmen können.

Jedem die Zeit geben, die er braucht

Ob jemand mobil oder stationär umsorgt wird, hängt vom jeweiligen körperlichen Zustand und der Betreuungssituation zuhause ab. Manche sind nach einem Akutereignis noch nicht stark genug, um sich im gewohnten Umfeld zurechtzufinden. Die kommen dann auf die Station, wo sie rund um die Uhr gut aufgehoben sind, sich sicher und geborgen fühlen können und unterschiedlichste Therapien und Behandlungen nutzen. Der durchschnittliche stationäre Aufenthalt beträgt in Linz etwa 12 Tage, kann aber auch zwei bis drei Wochen umfassen. „Aber“, so Dr. Koller, „ältere Menschen brauchen oft mehr Zeit. Ihnen diese Zeit zu gewähren, ist ein wesentlicher Faktor. Viele brauchen daher auch nach der stationären Behandlung noch eine mobile.“ Und weiter: „Wir achten außerdem drauf, unseren älteren Patientinnen und Patienten so wenig Belastungen wie möglich zuzumuten.“ So werden etwa bestimmte Untersuchungen und Behandlungen, sofern möglich, direkt im Patient*innenzimmer durchgeführt, wie ein Ultraschall oder eine Punktion. Damit die alten und gebrechlichen Menschen nicht auch noch durchs ganze Haus geführt und ihnen lange Wartezeiten zugemutet werden.

Generell ist die Akutgeriatrie ein Bereich, der viel Empathie und Verständnis für die Bedürfnisse von älteren und hoch betagten Menschen – so ist in Linz das Durchschnittsalter der akutgeriatrisch betreuten Personen 84 Jahre – sowie umfassendes, fächerübergreifendes Wissen verlangt. „Ich glaube, wir alle sind Geriater*innen mit Leib und Seele. Mich jedenfalls hat die Geriatrie immer schon fasziniert. Und mit diesem Gefühl kümmern wir uns stets ganzheitlich um die uns anvertrauten Menschen, um ihren Leib und ihre Seele sozusagen“, sagt Dr.in Verena Mohr aus Graz.

V. HALVAX •

„Dem älteren Menschen Zeit gewähren, das ist ein wesentlicher Faktor.“

Oberarzt Dr. Hendrik Koller, Ordensklinikum Linz Elisabethinen

Akutgeriatrie – kurz und bündig

Unter Akutgeriatrie versteht man alle Therapieangebote für ältere Menschen, die nach einem Akutereignis, wie Erkrankung, Unfall oder Operation, ihre Selbständigkeit und/ oder Mobilität eingebüßt haben. Das betrifft meist Menschen ab dem 70. Lebensjahr, wobei das Durchschnittsalter deutlich höher ist.

Unsere akutgeriatrischen Angebote sind individuell zugeschnittene Therapiepakete, von denen die Patientinnen und Patienten bestmöglich profitieren. Immer mit dem Ziel, ihre Lebensqualität zu verbessern und ihre Selbstständigkeit, wie sie vor dem Akutereignis war, wieder herzustellen. Dabei betrachten wir den Menschen ganzheitlich und betreuen ihn mit einem multi-disziplinären Team, von der Ergotherapie bis zur Psychologie, von der Logopädie bis zur Physiotherapie. Je nach körperlicher Verfassung stationär oder mobil. Sowohl das Krankenhaus der Elisabethinen in Graz als auch das Franziskus Spital in Wien und das Ordensklinikum Linz bieten akutgeriatrische Stationen an, in Wien an beiden Standorten. Zusätzlich gibt es in Linz das mobile Programm „besser zuhause“, in Graz die MobiREm und in Wien die Tagesklinik. Ein stationärer Aufenthalt dauert in der Regel zwischen zwei und drei Wochen und mobile Einheiten werden meistens zwischen 20 und 30 in Anspruch genommen.

Die Akutgeriatrie ist häufig an Fachabteilungen für Inneren Medizin angesiedelt. Für die Aufnahme ist ein Antrag mittels Anmeldeformular zu stellen, oft übernimmt dies der*die Hausärzt*in oder das entsprechende
Krankenhaus, in dem der*die Patient*in bei Erkrankung oder Operation behandelt wird.


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